Obstbauverein 1910 Wattweiler e.V.

Natur - Fortbestand - Tradition - Spaß

Apfelbaum selber ziehen - Sämlingsunterlage

Für Streuobstwiesen kommen nur Obstbäume auf sog. Sämlingsunterlagen in Frage. Dies sind Bäumchen, die aus einem Samen gewachsen sind. Sie bilden kräftige, standfeste Wurzeln für einen großkronigen Baum. Nur solche Bäume können bis zu 100 Jahre alt werden.

Bäume auf sog. Typenunterlagen hingegen haben hauptsächlich Faserwurzeln und sind nicht sehr standfest; es sind gezüchtete Unterlagen mit reduzierter Vitalität. Sie wurden für modernen Erwerbsobstbau oder für kleine Gärten gezüchtet - die Bäume bleiben kleiner, tragen früher, sterben aber auch früher ab, oder kippen irgendwann im besten Alter aufgrund von Wind oder Fruchtbehang ab - zu sehen in Wattweiler auf der Höhe in der Nähe der Kugelfanghütte.


Einen Baum auf Sämlingsunterlage bekommen wir entweder von der Baumschule, oder wir ziehen ihn uns selbst...darum geht es im Folgenden.


Im Bild rechts: Aus liegengebliebenem Fallobst (Sorte "Pilot") haben sich einige Sämlinge entwickelt, die als Unterlage genutzt werden können.


In unserer Kelter fällt jede Menge Trester an. Dieser dient Bernhard's Kühen als Kraftfutter. Aber wir können daraus auch unsere Sämlingsunterlagen ziehen. Einfach mit der Hacke ein paar ca. 5 cm tiefe Rillen in den Boden ziehen (am besten ein leichter Boden) und Trester hineinstreuen. Dann mit 2-3 cm Erde bedecken und abwarten.

Am Weg zum Mölschbacher Hof haben die Kühe den Trester z.T. in die Erde getrampelt und es wachsen eine Menge Apfelbäumchen entlang des Zauns.


Im Frühling werden aus den Kernen, die im Trester waren, viele kleine Apfelbäumchen sprießen. Je nach Apfelsorte mit unterschiedlicher Stärke oder Farbe. Diese Bäumchen lassen wir bis im Herbst stehen und wachsen, um sie dann auszusortieren. Die kleinsten oder krumm gewachsenen Pflanzen werfen wir weg, die größten, geraden Bäumchen setzen wir um, mit mindestens 50 cm Abstand. Im folgenden Jahr sind sie soweit, dass wir sie veredeln können - z.B. durch Okulation, d.h. einsetzten eines Auges unserer gewünschten Apfelsorte (beste Zeit zum Okulieren ist Juli/August).

Damit haben wir uns selbst einen schönen Apfelbaum mit der gewünschten Sorte auf Sämlingsunterlage gezogen, den wir schon bald auf die Streuobstwiese pflanzen können.

Ein anderer Aspekt dieser Methode kann auch sein, die Bäumchen nicht zu veredeln, sondern gespannt abzuwarten, was aus unserem Sämling wird - wird es ein saurer Holzapfel oder ein völlig neuer Tafelapfel?

Viele heute bekannte und hervorragende Sorten sind durch solche Zufälle entstanden - vielleicht bekommen wir unsere Lokalsorte 'Wattweiler Tafelapfel'...